Haushaltsrede zur Verabschiedung des Haushaltes für das Jahr 2016

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung, sehr geehrte Presse, sehr geehrte Damen und Herren des Rates, verehrte Gäste,

bei der Verabschiedung des Haushaltes für das Jahr 2015 sprachen wir die paradoxe Situation an, dass Isselburg zwar aus der Haushaltssicherung entlassen wurde, obwohl sich die Rahmendaten gleichzeitig eher verschlechtert hatten. Ab sofort war Isselburg aber nicht mehr in der Pflicht, das Haushaltssicherungskonzept fortzuschreiben. Wir fragten letztes Jahr, was das wohl für die trotz allem notwendigen Konsolidierungsmaßnahmen erwarten lasse - und wurden im November in unserer Befürchtung bestätigt, als bei den Beratungen zu den Festsetzungen der Hebesätze für 2016 nahezu unveränderte Sätze beschlossen wurden. Wir hatten schon 2015 darauf hingewiesen, dass die städtischen Finanzen auf besser planbare Füße gestellt werden müssten, was auf der Einnahmeseite von den Schlüsselzuweisungen (-65.000 €), den Anteilen an der Einkommenssteuer (+301.500 €), Umsatzsteuer (+17.900 €) und der Gewerbesteuer (-100.000 €) nicht zu erwarten sei. Wie befürchtet sind auf der Ausgabenseite die Transferleistungen an den Kreis in Form der Kreis- (+86.000 €) und Jugendamtsumlage (+97.000 €) weiter gestiegen. In den Planungen für das damalige Haushaltssicherungskonzept war eine Erhöhung der Hebesätze für 2016 um 7% vorgesehen, um den Haushaltsausgleich wie beabsichtigt schaffen zu können. Wenn man die Argumentationsweise der CDU im November im Verweis darauf, dass die Jahresabschlüsse in Realität aber deutliche Verbesserungen aufzeigen würden, mit den tatsächlich eingetretenen Verbesserungen beim Jahresabschluss 2013 betrachtet, könnte man meinen, die Entscheidung sei richtig gewesen. Der Blick auf den aktuellen Ergebnisplan zeigt allerdings, dass ein Haushaltsausgleich in 2016, obwohl die Verbesserungen von 2013 voll eingepreist sind, trotzdem nur durch den Griff in die Ausgleichsrücklage in Höhe von fast 2 Millionen Euro zu schaffen ist. Und zusätzlich werden in den nächsten drei Haushaltsjahren über 2,8 Millionen Euro fehlen.

Alleine durch den jetzt beschlossenen Hebesatz für die Grundsteuer B 7 Prozentpunkte unter der Festlegung des fiktiven Hebesatzes des Landes verzichtet Isselburg freiwillig auf Steuereinnahmen in Höhe von etwa 18.000 €. Verwundert mussten wir uns nun die Augen reiben, als die FDP in ihrem Internetauftritt genau diese Beschlüsse als Gewinn für Isselburg darstellt. Natürlich ist es richtig, dass bei einem Vergleich der Hebesätze für die Gewerbesteuer zwischen benachbarten Kommunen positive Signale gesendet werden für Um- oder Neuansiedelungen von Betrieben in Isselburg, wenn die Höhe dieser Steuer bei uns besonders niedrig ist. Allerdings müsste einmal eruiert werden, wie viele Betriebe tatsächlich nur mit einer Außenstelle hier vertreten sind. Uns fällt spontan nur eine Firma ein, die im Gewerbegebiet mit einem Lagerbereich vertreten ist. Für Neuansiedelungen fehlen uns zurzeit schlicht und einfach die entsprechenden Gewerbeflächen. Da setzt uns der Regionalplan enge Grenzen der Weiterentwicklung. Wenn man sich nun die Aussagen hinsichtlich der Grundsteuer B ansieht, ist auch mal wieder nur ein Teil der Wahrheit genannt: Denn natürlich sieht es so aus, dass der Bürger nicht weiter belastet wird, wenn man die Hebesätze nicht erhöht. Das Geld wächst aber nun leider nicht auf den Bäumen. Wie schon in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses im November 2015 von der Kämmerei verdeutlicht, muss das nun fehlende Geld durch einen Griff in die Ausgleichsrücklage beschafft werden. Dort liegt aber nun auch de facto kein Geld herum, sie ist also nicht der Sparstrumpf der Stadt, das Ziel kann nur über die Erhöhung der Verschuldung realisiert werden. Warum sagt man der Bürgerschaft nicht, dass man dieses Geld heute vom Bürger nicht verlangen will, aber dafür Kredite aufnehmen muss und diese in Zukunft inklusive Zinsen zurückzahlen muss? Da sähe die Akzeptanz für solche Maßnahmen garantiert anders aus. Und was auch zur Wahrheit gehört, ist, dass die damals geplante 7-prozentige Erhöhung der Grundsteuer B pro Einwohner im Durchschnitt etwa 8 € pro Jahr bedeutet hätte. Wahrscheinlich wäre dadurch niemand in wirklich finanzielle Schieflache geraten. Besonders wenig verständlich war diese Entscheidung auch, da die Kosten der Flüchtlingskrise zu dieser Zeit nur eine Richtung kannten, nämlich steil nach oben. Damit kommen wir zu einzelnen Projekten und Schwerpunkten:

Flüchtlingsunterkünfte / Erschwinglicher Wohnraum

Es mussten in 2015 aufgrund der rasant steigenden Zahlen von Asylbewerbern, die Isselburg zugewiesen wurden, auf die Schnelle Hallen bereitgestellt, Container als Unterbringungsmöglichkeit organisiert werden. Und Ende des Jahres wurde beschlossen, am Stromberg in Holzrahmenbauweise neu zu bauen. Das alles kostet Geld, das ursprünglich nicht eingeplant gewesen ist. Die derzeitige Beruhigung im Bereich der Zuweisung von Kommunalflüchtlingen ist für die Finanzlage der Stadt sicher ein Glücksfall, denn so können wir wohl zurzeit auf die eigentlich beschlossene weitere Erhöhung der Unterbringungsplätze verzichten. Aber niemand wird heute vorhersagen können, wie die zukünftige Entwicklung aussehen wird. Zumindest sieht man, dass die Menschen seit dem zweifelhaften Deal der EU mit der Türkei schon verstärkt auf neuen Routen Richtung Europa geschafft werden – und auf dem Weg ums Leben kommen. Wenn es tatsächlich so bleiben sollte, dass die Zuweisungen auch in Zukunft stagnieren sollten, können wir zumindest zum einen das Versprechen einlösen und die Grundschule Heelden und die Stadthalle Werth wieder freigeben. Außerdem besteht der Grundsatzbeschluss, bei zurückgehenden Flüchtlingszahlen die längst abgängigen alten Gebäude an der Kläranlage zurückzubauen. Wir können uns aber nicht vorstellen, dass die Zahl der in Isselburg gestrandeten Menschen schon in diesem Jahr signifikant zurückgehen wird, wenn man sich die Probleme ansieht bei der Registrierung der Menschen, ganz zu schweigen vom Entscheid hinsichtlich der Asylanträge. Allerdings ist heute schon ersichtlich, dass die Residenzfreiheit für die anerkannten Asylbewerber nicht kommen wird, um eine Konzentrierung auf größere Städte zu vermeiden. Also wird der Druck am Wohnungsmarkt in Isselburg auf günstigen Wohnraum größer. Wir finden es sehr schade, dass unser Antrag, sich im Rahmen einer AG mit dieser Frage zu beschäftigen, abgelehnt worden ist. Ein Ausschuss, der sich, wie der PVW, nur drei- bis viermal im Jahr trifft, wird damit wahrscheinlich überfordert werden. Besonders verwunderlich war es aber, dass in dieser Sitzung auch der Eindruck aufkam, dass Isselburg sich mit dieser Problematik nicht beschäftigen müsse. Damit wäre unsere Stadt die einzige im Umkreis, die dieses Thema ausblenden würde. Überall sonst ist den Verantwortlichen im Bereich Politik und Verwaltung bewusst, dass die nächste Kraftanstrengung ansteht und man schnell genug die Weichen stellen muss. Immerhin war die Entscheidung, die neuen Gebäude am Stromberg so zu planen, dass dort später Wohnraum für finanziell schwächer gestellte Menschen angeboten werden kann, unserer Meinung nach die richtige, weil so mit den knappen Geldmitteln der Stadt am nachhaltigsten umgegangen wird.

Neben der Bereitstellung der Unterbringungen durch die Stadt möchten wir in diesem Zusammenhang einen großen Dank aussprechen an all die Menschen, die sich ehrenamtlich für die Flüchtlinge in Isselburg einsetzen. Ihr Engagement ist alles andere als selbstverständlich, hilft aber ungemein bei der Integration der Asylbewerber und hält der Stadt auch den Rücken frei. Ohne diese aufopferungsvolle Arbeit wäre es wohl gar nicht möglich, diese Mammutaufgabe zu stemmen.

Feuerwehrgerätehaus Isselburg

Nachdem letztes Jahr der Bürgerentscheid für den Standort Reeser Straße ausgegangen ist, werden nun die planungsrechtlichen Fragen geklärt. Die notwendigen Finanzmittel für die Umsetzung des Projektes sind in den Haushalt eingestellt. Nun kann man nur hoffen, dass die Gegner dieses Standortes im Rahmen der Bauleitplanung nicht den Klageweg beschreiten werden. Es sind unserer Meinung nach alle Maßnahmen eingestielt worden, um die Sicherheit der anliegenden Gebäude zu gewährleisten. Wir können nur an alle appellieren, der Feuerwehr endlich das neue Gebäude zur Verfügung zu stellen, damit die Gefahrenlage am alten Standort ein für allemal vorbei sein wird.

Jugend und Schule

  • Bedarfsentwicklung an den Grundschulen im Rahmen der OGS und VHTS / Projekt Frühstart:
    In der letzten Sitzung des Ausschusses für Jugend, Schule, Sport, Kultur und Soziales wurde durch die Mehrheit der CDU und FDP abgelehnt, dem prognostizierten Bedarf nachzukommen und weitere Plätze einzurichten. Unserer Meinung nach ist das eine völlig falsche Entscheidung. Die Steigerung des Bedarfs wurde nicht nur durch die Betreuungsträger, sondern auch durch die Grundschulen verdeutlicht. Die Beschränkung des Zieles der Maßnahme einzig auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie springt unserer Meinung nach einfach zu kurz. Zu Beginn des Projektes vor gut zehn Jahren war diese Zielsetzung so richtig, aber im Laufe der Umsetzung in den letzten Jahren hat es sich gezeigt, dass es wichtig ist, Kindern einen verlässlichen Rahmen für den Nachmittag zu ermöglichen, in dem sie ein Mittagessen erhalten und in Ruhe mit Hilfestellung Hausaufgaben machen können. Das ist in vielen Familien heute leider nicht mehr garantiert. Wenn nun, wie von CDU und FDP in der gestrigen Haupt- und Finanzausschuss-Sitzung beschlossen, nach einem Kriterienkatalog besonders die Kinder von berufstätigen Eltern die Plätze vorrangig erhalten sollen, wird von den beiden Parteien weitgehend akzeptiert, dass andere Kinder durch diesen Rost fallen könnten und nicht in den Genuss der pädagogisch fundierten Betreuung kommen werden. Auf das, was dieses unterschwellige Angebot pädagogisch positiv bei den Kindern erreichen könnte, wird verzichtet. An anderer Stelle wird aber jedes Jahr regelmäßig kritisiert, dass die Höhe der Jugendamtsumlage stetig steigt. Insgesamt wäre es bei einer Ausweitung der Maßnahme um ca. 50.000 € jährlich gegangen. Mit der Entscheidung, das Angebot zu deckeln, wird übrigens auch sehr leichtfertig ein wesentlicher Standortfaktor für mögliche Zuzüge geschwächt. Denn gerade jetzt wird in Anholt Ost geplant, ein neues Wohngebiet zu realisieren. Potentielle Grundstückskäufer werden garantiert weniger auf die Höhe der Grundsteuer B, sondern eher auf das Vorhandensein von Betreuungsplätzen in den Grundschulen schauen. Von einem Fall wissen wir schon, dass die getroffene Entscheidung einen Kaufinteressenten abgeschreckt hat.
    Auch sehr schlecht ist das Nein von CDU und FDP zum Projekt „Frühstart“. Die Ablehnung wurde damit begründet, dass die Zahl der positiven Rückmeldungen von Elternseite zu gering gewesen sei. Dabei wurde allerdings ausgeblendet, dass gerade die Eltern, die ihre Kinder morgens bis zu eine Stunde vor Unterrichtsbeginn ohne Frühstück das Haus verlassen lassen, eben auch nicht den Abfragezettel ausgefüllt zur Schule mitgeben. Hier werden die Schwächsten - nämlich die betroffenen Kinder - mit ihren Problemen einfach alleine gelassen, und das für eingesparte 7.900 € pro Jahr.

  • Aufsuchende Jugendarbeit
    Sehr positiv sind die Entwicklungen im Bereich der aufsuchenden Jugendarbeit. Herr Kisoensingh entwickelt in den drei größeren Ortsteilen zurzeit Treffpunkte für die Jugendlichen. Wir freuen uns darauf, zu erleben, wie diese Orte von den Jugendlichen erstellt und anschließend angenommen werden. Denn es hat ja nun doch sehr lang gedauert, bis aus den Wünschen aus einer Befragung der Jugendlichen tatsächlich Wirklichkeit wurde. Das wird aber in Zukunft wohl viel zeitnäher geschehen, da nun mit Herrn Kisoensingh der Kontakt vorhanden ist und er neue Projektideen schneller in Richtung Verwaltung und Politik weitergeben kann.

 

Qualitätsstandard der Straßen und Gehwege

An dieser Stelle muss ich auf einen Aspekt eingehen, den ich schon im letzten Jahr thematisiert hatte: Die Schäden an Straßen und Gehwegen. Der Haushaltsansatz ist wie in jedem Jahr so gering, dass zwangsläufig nur notdürftig repariert werden kann. Das ist deutlicher Werteverlust städtischen Vermögens, die künftigen Generationen werden entweder mit noch schlechteren Straßen leben müssen oder mit riesigen Kraftanstrengungen das reparieren müssen, was heute gemacht werden müsste. Auch hier geht es natürlich um die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Isselburg. Denn Firmen schauen immer neben anderen Aspekten auf die Qualität der Verkehrsinfrastruktur. Wir möchten in diesem Zusammenhang nochmals das Prinzip der Generationengerechtigkeit in Erinnerung bringen. Denn Sanierungen der Straßen und Wege auf Pump belasten den Gestaltungsspielraum nachfolgender Generationen. Das ist nicht fair.

Stadtplanung

  • Ausweisung Windkraftkonzentrationszonen / Energiegenossenschaft
    Sehr gefreut hat uns der Bericht der Energiegenossenschaft letzte Woche. Wenn es gelingen sollte, einige Stellen auf Isselburger Gebiet für die Nutzung von Windkraft planungsrechtlich realisieren zu können, wäre das eindeutig ein Gewinn. Das Erreichen der Klimaziele Deutschlands ist kein Selbstläufer, die Auswirkungen des Klimawandels werden immer deutlicher, die Probleme und Veränderungen immer gravierender, der Point Of No Return kommt immer näher. Wenn heute über die Einschränkungen für das Stadtbild durch die Nutzung von Windkraft lamentiert wird, sollte bedacht werden, welche gravierenden negativen Auswirkungen durch immer häufigere extreme Wetterereignisse auftreten werden.

  • Städtisches Grün
    Und nochmals erinnern wir in dieser Haushaltsrede an die Anlage eines Baumkatasters. Leider haben wir noch nichts davon gehört, dass der Bauhof letztes Jahr damit gestartet ist. Daher werden wir für eine der nächsten PVW-Sitzungen eine Berichterstattung beantragen. Gut ist, dass die AG Standards nun wieder starten wird.

  • Innenstadtverdichtung
    Zum Schluss noch ein weiterer Erinnerungsposten. Denn noch haben wir uns nicht damit beschäftigt, ein Konzept zur Innenstadtverdichtung zu erarbeiten. Dies ist verständlicherweise der unheimlich hohen Arbeitsbelastung im Fachbereich Bauen geschuldet. Vielleicht wird dieses Jahr ein wenig Zeit sein, um sich mit diesem Themenbereich zu beschäftigen. In diesem Zusammenhang möchten wir anregen zu überlegen, ob es bei der großen Zahl von immer  wieder verschobenen Projekten nicht sinnvoll wäre, zumindest auf die Zeit von zwei Jahren eine zusätzliche Kraft in der Bauverwaltung einzusetzen mit dem Ziel, bisher aufgrund der hohen Arbeitsbelastung liegen gebliebene Projekte umzusetzen.

 

Sehr geehrten Damen und Herren,

ein sehr ereignisreiches Jahr liegt nun hinter uns, die Aufgabenfelder werden 2016 nicht unbedingt geringer. Wenn man die Kritik der Bürger zurzeit in Bocholt sieht, was die städtischen Finanzen und die beabsichtigten Projekte betrifft, muss man aber klar resümieren, dass diese Situation auf Isselburg nicht übertragbar ist. Der Finanzrahmen ist für die Aufgaben der Stadt insgesamt zu knapp bemessen, eine Verschuldung wie bisher kann so nicht weitergehen. Man sieht, dass das Eigenkapital der Stadt immer weiter abnimmt. Und Einlullungen der Bürger in der Form, dass notwendige Ausgaben über Kredite finanziert werden, nur damit heute die wahre Finanznot beschönigt wird, lassen beim Bürger zukünftig noch mehr Unwillen gegenüber Rat und Verwaltung aufkommen. Ziel muss es sein, durch die Bürger die Standards Öffentlichen Handelns festlegen und dann auch die notwendigen Kosten von den Bürgern aufbringen zu lassen. Ein Verschieben auf zukünftige Generationen ist falsch und damit keine verantwortliche Finanzpolitik.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Uwe Übelacker

Bündnis 90 / Die Grünen

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